Schalkenbach. Großes Ereignis im Brohltal: Das Thema Windkraft beschäftigt die Menschen im oberen Vintbachtal seit mehr als einem Jahrzehnt. Allerdings schien die Thematik vom Tisch, bis der Gemeinderat unter Ortsbürgermeister Thomas Weber den Beschluss fasste, durch Borkenkäferbefall geschädigte Flächen, die im Besitz der Gemeinde sind, zu verpachten, damit dort zwei, maximal drei Windräder errichtet werden können. Die entsprechenden Flächen befinden sich am Buchenberg und auf dem Grünbusch. Der Beschluss wurde zwar im November im Gemeinderat wieder abgeräumt, aber eine Überprüfung durch die Verbandsgemeinde in Niederzissen ergab, dass sich die Gegner des Projekts sich zu früh gefreut hatte. Das Patt bei der Abstimmung bedeutet nämlich, dass nun ein Bürgerentscheid für Klarheit sorgen muss.
Am Sonntag, dem Muttertag, entscheiden die Schalkenbacher mit ihrem Kreuzchen darüber, ob die Gemeinde die beiden Flächen zur Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) verpachten darf. Allerdings ist es auch diesmal wieder kompliziert. Zur Abstimmung steht nämlich die Frage: Sind Sie dagegen, dass die Ortsgemeinde Schalkenbach gemeindeeigene Flächen für die Nutzung von Windenergie verpachtet? Wer für die Verpachtung gemeindeeigener Flächen stimmen will, muss auf dem Stimmzettel ein Kreuzchen bei Nein machen, wer das Projekt ablehnt, muss mit Ja stimmen. Spannend dürfte es am Sonntag auf jeden Fall werden, denn kurz vor dem Bürgerentscheid gehen sowohl Bürgermeister Weber und Mayk Leps von der Bürgerinitiative Schalkenbach noch von einem offenen Rennen aus.
Für die Befürworter des Projekts Brohltal Windpark steht fest, dass die Gemeinde mit der Verpachtung an die eab New Engergy GmbH einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zur Sicherung der Energieversorgung leisten kann. Noch ist die Erinnerung an die Flutkatastrophe an der Ahr im Sommer 2021 lebendig. Vom Ausbau der erneuerbaren Energien verspricht man sich auch im Vinxtbachtal eine Abkehr von fossilen Energien und damit einen positiven Einfluss auf das Klima. Zuletzt hat der russische Angriff auf die Ukraine deutlich gemacht, dass die Abhängigkeit von ausländischen Energielieferanten zu groß und zu gefährlich ist. Jedes Windrad verringert die Abhängigkeit und trägt zur Energiesicherheit bei. Wichtig für die Befürworter ist auch, dass die Einnahmen aus Pacht und Produktionserlös die Kassen der Gemeinde endlich wieder klingeln lassen. Allein die Pachtgebühren betragen pro Windrad 65.000 Euro pro Jahr. Der Betreiber verpflichte sich außerdem, die Waldflächen wiederaufzuforsten und die Windräder nach ihrer Nutzung wieder abzubauen. Gute Erfahrung mit der finanziellen Beteiligung der Kommunen hat man bereits in einigen Hunsrück-Gemeinden gemacht, wie der Bürgermeister einer Kommune bei der Bürgeranhörung in der Jägerberghalle im März berichtete.
Jutta Dietz, Sprecherin der Partei im Brohltal, äußerte bei einer Begehung der Standorte im März: „Hier kann mit moderatem Eingriff in die Natur und den menschlichen Lebensraum für zukunftssichere regenerative Energien gesorgt werden. Auch die Auswirkungen auf die Anwohner werden minimal sein.“ Und Ralf-Dietmar Klaus ergänz: „Wir sehen derzeit keine umweltfreundliche Alternative zur Deckung des weiterhin steigenden Strombedarfs. Letztlich nutzt die Abkehr von fossilen Energieträgern dem gesamten Ökosystem – auch wenn einzelne Habitate dadruch gegebenenfalls stärker belastet werden.“
Diese Einschätzung wollen die Gegner des Projekts Windpark Brohltal nicht so einfach hinnehmen. Die insgesamt 4, maximal 5 Windräder, die in Schalkenbach, Dedenbach und Königsfeld entstehen sollen, werden das Gesicht des oberen Vinxtbachtals verändern, wie die Aktiven anhand von Fotokollagen zeigen konnten. Bei der Anhörung in der Jägersbachhalle ließ sich die Bürgerinitiative Schalkenbach von zwei ausgewiesenen Umweltexperten vertreten. Die wiesen darauf hin, dass der Wald ein wichtiges Ökosystem ist, das geschützt werden muss und nicht weiter zerstört werden darf. Seltene und in ihrem Bestand gefährdete Arten sehen sie durch die 249 Meter hohen Windräder gefährdet. Beim Bau der Windenergieanlagen, so die Experten, würden weitere Flächen versiegelt, Unmengen Beton in der Erde versenkt, die erfahrungsgemäß beim Rückbau oft im Boden verbleiben. Das Öko-System Wald werde als Feuchtigkeitsspeicher und Speicher von CO2 noch stärker eingeschränkt. Die Auswirkungen auf Mensch und Tier seien noch gar nicht hinreichend geprüft. Über die Auswirkungen von Körperschall wisse man bisher noch viel zu wenig. Ihre Vorhersage: Wenn erst mal die ersten Windräder gebaut sind, kommen bald weitere hinzu. Auf den Kosten für den Rückbau blieben, so die Umweltschützer, oft die Besitzer der Flächen zurück. In diesem Fall wäre das die Gemeinde Schalkenbach.
Wie die Schalkenbacher entschieden haben, wird man am Sonntagabend wissen. Der Schnorbacher Bürgermeister Bernd Kunz hatte in der Jägersberghalle einen wichtigen Rat für die Gemeinde im Gepäck: „Akzeptieren Sie das Ergebnis der Entscheidung, egal, wie sie ausfällt. Sie müssen hier weiter miteinander leben.“
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